Werkschau: Klemens Golf

Werkschau: Klemens Golf

Date: 
16.02.1995 12:00
Edition: 
1995
Format: 
Screening
Location: 
Podewil

Die Kunst des Klemens Golf be­ schäftigt sich mit Männerphan­ tasien und ihren Auswirkungen, Erscheinungen, Bildern. Auf die­ ser Basis behandelt er nahelie­ gende Themen wie Krieg, Sieg, Macht, sucht er nach dem We­ sen von Katastrophen und setzt sich mit dem weiblichen Körper auseinander. Dabei präsentiert er die Problemkreise eingebettet in gesellschaftliche Zusammen­ hänge und interessiert sich dafür, wie sie sich im persönli­ chen und gesellschaftlichen All­ tag offenbaren, z.B. in den un­ terschiedlichen Darstellungen der Print- und TV-Medien. In Per- formances, Videotapes und Vi­ deoskulpturen sammelt er All­ tagssituationen und -gegenstän­ de, aber auch sehr persönliche Erinnerungsfetzen aus Tage­ buchaufzeichnungen, Briefen, Zeichnungen und Photos, die er über literarische Texte und aus­ gewählte Musik kombiniert und verschlüsselt bis Zitate und Verar­ beitung, Triviales und Kunst eng miteinander verflochten sind. Dabei dominiert die eigene, sub­jektive Interpretation aus einer bewußt wahrgenommenen männlichen Identität heraus. Im Kontrast dazu liefern Bilder von Frauen vage, ausschnitthafte Ansichten von weiblicher Iden­tität, So konstatiert er seine KörFrauen, sammelt entsprechende Bilder in der immer noch frauen­ feindlichen Welt der Werbung und Medien, bis das Anschauen der bekannten Posen, Ausschnit­ te, Blickwinkel unerträglich wird, Golf prangert die eigene Kapitu­ lation vor einem für ihn unlösba­ ren Problem an. Ihn faszinieren aber auch Bilder von Frauen, ge­ funden in Nachrichtenspots, die weibliche Emotionalität in Ver­ bindung mit dem Sterben/Tod zeigen - eine Frau liebkost einen Leichnam in El Salvador - in de­ nen persönliche Erlebnisse ver­ klausuliert wieder auftauchen - als Jugendtraum im Halbwach­ zustand aufgezeichnet - und mit Männerbildern von Kriegsberichterstattern in Verbindung tre­ ten ("Beton TV", 1989). Die be­ sondere Spannung dieser Arbeiten geht von der bewußten De­monstration divergierender Im­ pressionen aus. Das Material für Golfs Videobänder ist häufig Nachrichtenmaterial, sind Live- Berichte von Katastrophen a la Reality-TV, was, gleichzeitig me­ dienkritisch wie auch gezielt künstlerisch gestaltet, durch Ein­ färbung bestimmter Sequenzen, durch starke Verlangsamung und Wiederholung, ein Durch­ dringen bestimmter ambivalen­ter, emotionaler Momente er­ reicht und kritisches Nachden­ ken provoziert. So präsentiert sich Golf als aufmerksamer, kreativer Beobachter, der in ei­ nem Wechselspiel von individu­ ellen Einblicken und reproduzier­ ten Images Leitbilder und My­ then hinterfragt und durch seine Kunst die Möglichkeiten männli­ cher Phantasie eben nicht nur als Katastrophen und Destruktion erfahren läßt.
Petra Unnützer. Autobahn; Christa Gamper; Ein Mann und ein Kind; Polaroids II; Air Florida Flight 90 Potomac Crash; National Anthem; Maid Of The Seas; Der Tag. Die Nacht; Detlef Hoffman, unbekannt; Frauenbild

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