BWPWAP Paper with Kenneth Goldsmith: On Uncreative Writing
BWPWAP Paper with Kenneth Goldsmith: On Uncreative Writing
Muss man wirklich Schreiben, wenn das digitale Zeitalter riesige Textmengen bietet? Warum sollte man nicht einfach das weiterverarbeiten, was schon da ist? Hier knüpft die Idee des Unkreativen von Kenneth Goldsmith an, einem der wichtigsten Vertreter des konzeptuellen Schreibens. Diese Bewegung postuliert, dass Sprache endlos weiterverarbeitet werden kann. Das Paradigma des unkreativen Schreibens beschäftigt sich damit, wie Techniken, die traditionellerweise nicht dem Bereich der Literatur angehören, etwa Textverarbeitung, Datenbanken, Verschlüsselung von Identitäten und Programmiersprachen, ein neues Schreibens inspirieren können. Das Internet und die digitale Umwelt bieten Autoren neue Herausforderungen und Möglichkeiten, um Kreativität, Autorschaft und ihre Beziehung zu Sprache neu zu verstehen. Autoren können aus einer riesigen Textmenge schöpfen, sich diese aneignen, sie zerlegen, sie neu zusammensetzen und das Selber-Schreiben hinter sich lassen. Goldsmith durchforstet Texte und erkundet Techniken, nutzt die Google-Suche um Gedichte zu schreiben, eignet sich Zeugenaussagen an, schöpft die Möglichkeiten der Robo-Lyrik aus und knüpft so an Praktiken des frühen 20. Jahrhunderts an. Für Autoren wie Walter Benjamin, Gertrude Stein, James Joyce und Andy Warhol war die Konzeption und Produktion eines Texts genauso wichtig wie das Ergebnis. Das unkreative Schreiben überführt diese Tradition in den digitalen Kosmos und bietet neue Sichten auf Identitäten und die Produktion von Bedeutung.