Floppy Films Workshop - Rückblick von Florian Cramer

20.02.2012

Floppy Films Workshop - Rückblick von Florian Cramer

"Floppy Films - nicht mehr als 1.44 MB Bewegtbilder" war ein intensiver, drei Tage dauernder Workshop im Rahmen der transmediale 2012. Zehn internationale Teilnehmer erlernten hier die Techniken, um Kurzfilme auf Floppy Disketten zu quetsche.

"Floppy Films - nicht mehr als 1.44 MB Bewegtbilder" war ein intensiver, drei Tage dauernder Workshop im Rahmen der transmediale 2012. Zehn internationale Teilnehmer erlernten hier die Techniken, um Kurzfilme auf Floppy Disketten zu quetschen, wobei sie sich näher mit den schmutzigen Details und obskuren Kniffen von Video Codec auseinandersetzen mussten und mit zahlreichen technischen Inkompatibilitäten, Glitches und Ausfällen empfindlicher Hard- und Software zu kämpfen hatten. Am letzten Tag wurde ihnen schließlich auch noch der Umgang mit dem analogen Medium eines per Hand endwickelten Super 8 Films beigebracht.

 

Floppy Films hat 2009 begonnen als ein kleiner, nicht allzu ernst zu nehmender Hack und als ein taktisches Media-Projekt des Workshop-Initiators Florian Cramer: Dabei speicherte er, neben anderen, jeden Oscar-nominierten Film aus diesem Jahr auf einer einzigen Floppy-Diskette. Dies gelang ihm, indem er sie als Bewegtbilder in einer Größe von nur 7x3 Pixeln encodierte, woraufhin er verzweifelt darauf wartete von den Hollywood Studios wegen Piraterie verklagt zu werden.

 

Die Teilnehmer des Workshops auf der transmediale konzentrierten sich dagegen mehr auf das Produzieren von Visuals. Wir sahen die technischen Begrenzungen der Floppy Diskette - nicht nur ihre Speicherkapazität, sondern auch die langsame Lesegeschwindigkeit und die geringe Beständigkeit - als "Formalen Zwang" im Sinne der französischen Autoren-Gruppe Oulipo an. Seit den frühen 1960ern hatte Oulipo mit selbst auferlegten formalen Zwängen im Rahmen dichterischen Schreibens experimentiert. Durch den Fokus auf "geringwertige" Medien und durch die spielerisch-kritische Reflektion des Formalismus verkörpert der Workshop eine Gegen-Bewegung innerhalb der Computer- und Medienkunst, welche allzu oft den leeren Versprechungen der Industrie hinsichtlich der 'prachtvollen Medien-Erfahrung' Glauben schenkt.

 

Indem die Gruppe versuchte, Videos auf Floppy-Disketten zu speichern, musste sie sowohl mit Zusammenbrüchen ihrer alltäglich verwendeten Software umgehen - was sie dazu zwang, mit nicht standartisierten Befehlszeilen-Tools zu arbeiten - als auch mit unerwartetem Verhalten, das dann aber häufig zu glücklichen Ergebnissen in ihren Arbeiten führte. Die Arbeitsmethoden und ihre Resultate hatten eine konzeptuelle und ästhetische Ähnlichkeit mit dem strukturell experimentellen Filmemachen in den '60 und '70ern, das buchstäblich zum Zusammenbruch des Zelluloid-Films geführt hatte, um die Materialität und die Sprache des Kinos zu zerlegen und zu analysieren. Es erschien daher logisch, am letzten Tag des Workshops unter der kreativen und technischen Anleitung von Dagie Brundert - einer der weltweit bekanntesten zeitgenössischen experimentellen Super 8-Filmemacherinnen und -Aktivistinnen in Berlin seit den späten '80ern - zu per Hand entwickelten Super 8 Filmen überzugehen.

 

Ein Guerilla-Analogfilm-Lab bei der transmediale anzubieten - mit Entwicklungschemikalien in Plastikeimern und einer improvisierten Dunkelkammer in einer der Toiletten im Haus der Kulturen der Welt - war für uns eine wichtige Geste um das Festival von seinem ursprünglichen Fokus auf "Kunst und digitale Kultur" in Richtung einer weiter gefassten Kultur der kritischen DIY-Medien - egal ob digital oder analog, Video oder Super 8, auf Servern oder in Zines - und deren stark verwurzelter Tradition in der Stadt Berlin zu lenken.

 

 

Text und Bildrechte: Florian Cramer

share

Print Friendly, PDF & Email