multimedia 4: die kunst und das netz

multimedia 4: die kunst und das netz

Date: 
17.02.1996 12:00
Edition: 
1996
Format: 
Panel
Location: 
Podewil

Der Internetaktivist Andy Muller-Maguhn gibt in seinem Vortrag einen Ausblick auf die Netzwelt der kommenden Jahre. Zur Einführung in die Thematik beginnt er mit einer kleinen Geschichte der Computernetz­ werke beziehungsweise der elektronischen Kommunika­ tionsmöglichkeiten. Die Entwicklung von einzelnen Mallbox­ systemen hin zu Netzwerken soll insofern etwas umfassen­ der angesprochen werden, als sich durch die technologi­ schen Veränderungen und die neuen Anwendungen auch ein entscheidender Wandel der Kommunikationskultur voll­ zieht. Nicht nur der Internet-Hype der letzten Zeit und die Informationsuperhighway-Diskussion werden thematisiert, sondern vor allem die Frage nach den hierbei verfolgten
und zu verfolgenden Visionen wird gestellt.
Prof. Gottfried Kerscher spricht aus seiner Sicht als Kunst­ historiker zum aktuellen Stand der Internetkunst. Sein Vor­ trag versteht sich als Beitrag zum theoretischen Diskurs über Kunstproduktion mit den neuen Medien. Er wird darauf ein- gehen, inwiefern digitale Werke - insbesondere des Internets - Kunstcharakter aufweisen, als neue Kunstform innovative Positionen ubernehmen und neue Dasiensstrukturen haben. Wie Künstler ihre Position im Internet definieren, was sie sich von ihren Netzprojekten erhoffen und welche Chancen sie interaktiver Kunst geben, soll mit ihnen diskutiert wer­ den. Zunächst stellen Konrad Becker (A) und Erik Hobijn (NL, z.Zt. D) Webprojekte vor, die - wenn auch über eine unterschiedliche Herangehensweise - das Internet als künst­ lerisches Medium reflektieren. Kunstproduktion und Kunst­ rezeption sind Schwerpunkt der sich anschließenden Dis­ kussion. Zur Debatte stehen nicht nur technische Möglich­ keiten, die Netze für Kreative bieten oder die adäquate Präsentation ihrer Werke, sondern auch der globale Kon­ text, in dem dieses Schaffen steht. Auf der Tagesordnung stehen folgende Diskussionspunkte: Kommerzialisierung des Netzes und Auswirkungen (Kosten­ strukturen, User-Funktion, Kundenprofile und informationel­ le Selbstbestimmung, Veränderungen in der Kommuni­ kationskultur), ASCII-Artvs. Multimedia-Klimbim (Werden wir jetzt alle Mäuseschubser und Legastheniker? Wo sind überhaupt die Internet-Kommunikationsschulen? Jeder ein Sender oder bloß eine neue Form des Fernsehens?) Informa­ tionsfreiheit und globale Kultur vs. FDGO (Warum das Inter­ net eine globale Ausdehnung des Freedom of Speech dar­ stellt. Wo sind die Grenzen der Kommunikationsfreiheit? Machen Netzwerke Staaten überflüssig?)
Andy Müller-Maguhn. Kunst im Internet und Internetkunst sind zu trennen. Nur die Internetkunst reflektiert das neue Medium, seine Beson­ derheiten und die ästhetischen wie technischen Gesetze. Kunst im Internet sammelt, stellt dar, publiziert Kunst, die zumeist ein anderes Dasein als das elektronische hat.
Dabei schließt Internetkunst an die innovativen Kunstbe­ griffe der modernen Gesellschaft insofern an, als sie sich vom traditionellen Kunstbegriff und vor allem von einer bloß formalen Präsentation abwendet und befreit. Aus die­ ser Perspektive erscheint Kunst stärker als Medium, das Stellung zur Welt einnimmt, als daß sie hohe Kunst für's Wohnzimmer darbietet.
Prof. Gottfried Kerscher. Präsentation von webprojekten
Konrad Becker, Institut für Neue Kulturtechnologien:
Public Netbase t0
tO-Netbase widmet sich schwerpunktmäßig den Wechsel­ wirkungen von Kultur und Technik, Wissenschaft und Poli­ tik, Kunst und Gesellschaft. Vorführung des t0 servers mit VRML-Applikationen. (http://www.to.or.at)
Erik Hobijn, netband: Das Ei des Internet
Dem Internet wird ein Geschenk angeboten: ein Ei, ein ganz normales, nicht digitales, befruchtetes Hühnerei. Ein „Appa­ rat" ermöglicht es dem Internetgebraucher, das Ei zu besu­ chen, seine Entwicklung zu bewachen, und nach 21 Tagen für das Wohlergehen des neugeborenen Tieres zu sorgen, Kontakt mit ihm zu suchen.

share