Neues aus dem Osten

Neues aus dem Osten

Date: 
19.02.1992 12:00
Edition: 
1992
Format: 
Screening

Die Kausalität zwischen Bruch und Schmerz ist gegeben, auch Neues zu gebären ist mit Wehen verbunden. Doch so radikal wie im Osten Deutschlands wurden in den osteuropäischen Ländern die gewachsenen Produktionsstrukturen nicht zerschlagen. Die Studios in Polen, Ungarn, Rußland, Bulgarien und der CSFR arbeiten weiter - wie auch die Fernsehstationen, frei von der Last der politischen Zensur, als Auftraggeber für dokumentäre und künstlerische Videoproduktionen. Dazu gesellen sich Neugründungen kleiner Produktionsgruppen und eine wachsende Zahl von unabhängigen Videoproduzenten, die es bislang nur in kleiner Anzahl als “Underground-Szene” gegeben hat. In der dokumentären Video- Szene Osteuropas findet man, mit Ausnahme der ungarischen Arbeiten, die auf eine längere Videotradition zurückblicken können, eine nahezu lineare Fortsetzung der jeweiligen nationalen Dokumentarfilmtraditionen mit anderen Mitteln. Die Vorteile der Videotechnik (Mobilität, günstigere Produktionskosten, Einsatzmöglichkeiten im Fernsehen, individuelle Verbreitungsformen usw.) führen, bedingt auch durch die Verfügbarkeit der Technik, zu einer immer stärkeren Nutzung. Thematisch konzentrieren sich die Macher auf die Reflexion der gesellschaftlichen Veränderungen und auf die Aufarbeitung der Vergangenheit, etwa des Stalinismus; außerdem werden aktuelle Ereignisse authentisch geschildert, Beteiligte und Betroffene kommen zu Wort, Persönlichkeiten aus Politik und Kultur analysieren die Ereignisse. Die Erzählstruktur dabei ist linear, spezielle Videogestaltungselemente gibt es nicht. Eine andere inhaltliche Richtung beschäftigt sich mit dem alltäglichen Leben. Die für Osteuropa neuartigen Probleme wie Arbeitslosigkeit, Prostitution, Drogensucht, Zukunftsängste und soziale Abgründe spiegeln die Schmerzen des Umbruchs wider. Die Gestaltungs prinzipien kommen auch hier eindeutig vom Dokumentarfilm. Daneben findet man poetische, besinnliche Arbeiten etwa über ethnische Minderheiten, oder solche, die sich auf traditionelle Werte besinnen, die die Sorge um die Umwelt oder die Sehnsucht nach einer besseren Zukunft spiegeln.

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