Composting the City | Composting the Net
Composting the City | Composting the Net
Composting the City | Composting the Net ist ein Projekt von Shu Lea Cheang, das parallel verlaufende Zersetzungsprozesse wie Fermentierung und Fragmentierung bei alltäglichen Lebensmittelresten und gängigen digitalen Elementen untersucht. Während Composting the City städtische Entsorgungssysteme erkundet, recherchiert Composting the Net in den angehäuften Daten der Netzkultur. Auf einem Komposthaufen entsorgte Essensreste werden so lange geschichtet und gedreht, bis alle Spuren von Identität verwischt sind. Die Fülle von mit Schildern versehenen Infodaten sinkt in ein tiefes „Reservoir“.
Die Berliner Variante von Composting the City wurde im August 2012 bei reSource 002: Out of Place, Out of Time ins Leben gerufen. Zwölf aus Brotkästen bestehende Mikrokompostiereinheiten wurden dafür vor dem Kunstraum Kreuzberg/Bethanien aufgestellt. Angelehnt an das amerikanische Adopt a Highway-Programm, bei dem Paten für die Pflege einer Autobahn sorgen, rief die Initiative Berliner dazu auf, einen Kompostierer zu adoptieren. Zwölf Pflegeeltern übernahmen diese Aufgabe für je sechs Monate, fütterten Würmer und schrieben Miniblogs über ihre Gedanken zum Essenskonsum.
(www.compostingthecity.mobi/berlin)
Composting the Net ist eine optimistische Version der Aufbereitung der digitalen Deponie von gelisteten Online-Communitys. Die Hinterlassenschaften der Netzkultur setzen sich aus unmoderierten Mailing-Listen zusammen, die als offene Plattformen Informationen verbreiten und sich in Diskussionen einklinken. Um nur einige Beispiele zu nennen: Nettime ist eine Liste für Netzkulturen, Politik und Taktiken, initiiert im Jahre 1995, Spectre, eine europäische Liste für Medienkunst und Medienkultur, bietet einen Kanal für praktische Informationen, Empyre – soft_skinned_space macht kritische Perspektiven auf bestimmte Themen zugänglich, AHA, eine Liste zu künstlerischem Aktivismus und zu Netzkultur, regt ein Konzept von Kunst und Hacktivismus als offene Netzwerke für Praktiken und Interventionen an. Diese Listen pflegen öffentlich zugängliche Archive und existierten schon, bevor das Unternehmen Facebook den Datenstrom abschloss. Beiträge aus partizipatorischen Threads sind allgemeine Daten, die kompostiert werden müssen, um künftigen Netz-Archäologen oder Post-Netz-Bombenentschärfern zu ersparen, sich durch dieses Datengeröll wühlen zu müssen. Die Datenkompostierung codiert Texte, verschafft einen Überblick über Beiträge und lässt so kräftige junge Setzlinge gedeihen.
Shu Lea Cheang, Martin Howse, Ayumi Matsuzaka und Tikul präsentieren Composting the City und Composting the Net als gemeinsame Performance.
Freitag, 1. Februar 2013, 17:30 Uhr, Raum K1, Haus der Kulturen der Welt
http://compostingthecity.mobi
http://compostingthenet.net